Ein Filmfestival macht sich klein

Das Snowdance Independent Film Festival scheint am Ende zu sein.

Plakat des Snowdance Independent Film Festival

Werbung für das Snowdance Festival in der Essener Innenstadt
(Photo: Roger Weil – Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Schrumpfen ist nicht schön. Dagegen hilft aber nicht schönreden. „Das Snowdance Festival läuft in diesem Jahr kürzer, kompakter und räumlich flexibler“, schreibt die WAZ, einer der Sponsoren des Snowdance Independent Film Festival, über dessen dritte Ausgabe in Essen, die vom 29. Januar bis 02. Februar über die Bühnen gehen soll.

Die Bühnen für das Festival werden in diesem Jahr andere sein als als bei den beiden Ausgaben zuvor. Verkaufte man bei der ersten Ausgabe noch die kurzen Wege zwischen den Essener Innenstadtkinos Astra, Luna, Lichtburg und Sabu als ideal für das Festival, will man jetzt nichts mehr davon wissen. Der Veranstalter Tom Bohn geht mit seinem Festival raus aus zwei dieser Kinos und stattdessen in eine Kirche, in ein Autokino im Essener Norden und in ein Maschinenhaus in Bottrop, bleibt also örtlich nicht mehr kompakt, sondern zieht in die Fläche. Tom Bohn preist das als „gepflegtes Guerilla-Kino“ an – nun ja, was soll er auch sonst sagen. Auch zum zentralen Grillo-Theater, in dem man in der Vergangenheit Bühnenshows präsentierte, scheint man ebenfalls keinen Zugang mehr zu haben. In der großen Lichtburg gibt es noch den Eröffnungsabend mit einem Screening einer Doku über ein durchaus interessantes Kunstwerk, das in einem Gelsenkirchener Fußballstadion entstanden ist. Zu diesem Eröffnungsabend hat man ein paar Halbpromis (ehemalige Fußballer, Fernsehköche, zweitklassige Schauspieler) eingekauft, von denen keiner nach dem Eröffnungsabend mehr auf dem Festival zu sehen sein wird (so die Erfahrung der letzten beiden Jahre), und hofft damit und mit vielen Freikarten das Essener Großkino voll zu bekommen. Ob das gelingen wird? Ich glaube nicht daran. Als einziges Kino, in dem 18 der 22 Kinoevents des Festivals steigen sollen, verbleibt noch das Sabu, ein kleines unbequemes Kino im Keller der Lichtburg. Damit kann man keinen großen Staat machen. Alle Filme werden auf dem Festival auch nur noch einmal gezeigt, im letzten Jahr gab es für fast alle Filme wenigstens noch zwei Screenings. Fehlt noch die Preisverleihung, die findet in diesem Jahr unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Bar des Hotels Motel One statt. Wie armselig ist das denn? Hat man hierfür wirklich keine bessere Räumlichkeit gefunden? Oder traut man sich einfach nicht zu, Menschen für die Preisverleihung zu interessieren? Im letzten Jahr hatte man mit dem Astra-Kino noch einen großen Saal für die Preisverleihung zur Verfügung, schloss hier aber auch schon die Öffentlichkeit aus.

Der offenkundige Niedergang des Snowdance Festivals ist sehr bedauerlich. An dieser Entwicklung ist nicht das engagierte Team um den Impresario Tom Bohn schuld, sondern das Essener Publikum, das dem Snowdance Independent Film Festival kontinuierlich aus dem Weg geht. Die auf dem Festival gezeigten Filme haben wirklich einen besseren Resonanzrahmen verdient. Vielleicht sollte Tom Bohn mit seinem Festival doch wieder in die Provinz gehen (vor Essen war das Snowdance acht Jahre in Landsberg am Lech zuhause), dort ist das Publikum vielleicht dankbarer und nicht so verwöhnt wie die großstädtische Kulturschickeria.

Siehe auch:
Stagnation beim Snowdance
Klein, fein und weitaus besser als erwartet
Spannendes Grau
Mehr Indie geht nicht


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