Ein Film über Liebe von Celine Song
Nora (Greta Lee) trifft nach 24 Jahren ihren Freund aus der koreanischen Kindheit Hae-sung (Teo Yoo) in New York. (© Twenty Years Rights LLC / Jon Pack)
Der Film „Past Lives“ von Celine Song feierte seine internationale Premiere auf der letzten Berlinale und verzauberte das Publikum und die Kritiker gleichermaßen. Es bleibt bis heute unverständlich, dass dieser Film keinen einzigen Berlinale-Bären abbekam – für Regie und schauspielerische Leistung hätte er mindestens drei Bären verdient.
Wovon handelt „Past Lives“?
Der Film erzählt die Geschichte einer Liebe in einem klassischen Drei-Akter. 1. Akt: Nora und Hae-sung als Kinder in Südkorea genießen eine schöne Kinderfreundschaft, als sich ihre Wege trennen müssen, weil die Familie von Nora nach Kanada auswandert. Das Bild der getrennten Wege wird im Film visuell sehr eindrücklich dargestellt. 2. Akt: Zwölf Jahre nach der Trennung begegnen sich die inzwischen jungen Erwachsenen erstmals wieder – wenn auch nur virtuell. In mehreren intensiven Videocalls erfahren Nora und Hae-sung gegenseitig, dass da starke Gefühle zueinander bestehen, erkennen aber schmerzvoll, dass sie nicht nur geografisch in verschiedenen Welten leben, sie kommen nicht zueinander und der Kontakt zwischen ihnen bricht wieder ab. 3. Akt: Weitere zwölf Jahre später, Nora lebt inzwischen in New York und ist mit einem ihr zugewandten, sympathischen und klugen Mann verheiratet; beide Ehepartner sind Schriftsteller. Da kündigt Hae-sung einen Besuch in New York an.
Was ist das Thema des Films?
„Past Lives“ handelt von der Liebe, von einer Liebe, die fortbesteht und wieder entflammt trotz jahrelanger Trennung und glücklicher Leben ohneeinander. Der Film beschäftigt sich aber auch mit den großen Themen Migration und kulturelle Identität. Die Protagonistin Nora steht nicht nur zwischen zwei Männern, sondern auch zwischen zwei Kulturen. Scheinbar angekommen in der westlichen nordamerikanischen Kultur wird sie durch das Auftauchen ihres Kindheitsfreunds Hae-sung mit ihrer Herkunft konfrontiert.
Was gibt es über die Regisseurin zu sagen?
So stilsicher wie „Past Lives“ daherkommt, kann man hinter der Regisseurin Celine Song man eine langerfahrene Altmeisterin des Kinos vermuten – und liegt hier falsch. „Past Lives“ ist der absolute Debütfilm der 35-jährigen Celine Song, die vorher ausschließlich als Bühnenautorin künstlerisch in Erscheinung getreten ist. Das Leben von Celine Song weist einige Übereinstimmungen mit dem Leben der Hauptfigur Nora auf: beide sind in Südkorea geboren, als Kind nach Kanada ausgewandert und haben in Nordamerika eine schriftstellerische Karriere eingeschlagen, daher mutmaße ich eine autobiographische Prägung des Films „Past Lives“ durch seine Autorin und Regisseurin Celine Song.
Was macht „Past Lives“ zu einem besonderen Film?
Das Besondere an diesem Werk liegt in dem feinen und nuancierten Spiel der Hauptdarsteller Greta Lee und Teo Yoo begründet. Wie hier mit knappen Worten, mit nicht gesagten Worten, mit kurzen und langen Blicken Botschaften übermittelt werden, das ist bezaubernd. Als Zuschauer lernt man Nora und Hae-sung zu lieben und wünscht sich, dass die beiden ihre Liebe zueinander ausleben können. Ob sich diese Erwartung erfüllt, erfährt man dann in der vorletzten Szene des Films – eine sehr starke, nachhallende Szene. Aber noch stärker die allerletzte Szene des Films. Es gibt ja noch einen dritten Protagonisten des Films, den Ehemann von Nora, und dem gehört die letzte Szene des Films.
Trailer von „Past Lives“. (Eingebettetes YouTube-Video)