Das Glück der dänischen Dorschangler

Der Angelratgeber „Dorschangeln vom Boot und an den Küsten“ von Horst Hrubesch und Dieter Schicker

Ein dänischer Dorschangler präsentiert stolz seinen Fang.

(Symbolbild – erstellt mit Microsoft Bing Image Creator)

Von Büchern, die von Fußballern oder deren Ghostwritern verfasst worden sind, sollte man lieber die Finger lassen, weil es doch fast immer zu schlichte Werke sind, die allein dem Zweck dienen, mit der Popularität des Fußballers auch auf dem Buchmarkt noch ein paar Gelder zu generieren. Fußballer können gut gegen Bälle treten oder ihren Kopf in die Flugbahn von Bällen halten, aber nicht unbedingt ihr Schaffen so in Worte kleiden, dass es einem lesenden Menschen eine Freude bereitet. Eine Ausnahme hiervon stellt aber der Fußballer, Angelexperte und Autor Horst Hrubesch dar.

Horst Hrubesch, geboren 1951 im westfälischen Hamm, erlernte schon in frühen Jahren neben der Dachdeckerei das Fußballspielen und das Angeln. Während er das Fußballspielen später zu seiner Profession machte und darin auf internationalem Parkett beträchtliche Erfolge erzielte, blieb das Angeln lange Zeit ein liebgewordenes Hobby von ihm, dass er zunächst nur an den Stauseen und Kanälen des Ruhrgebiets ausüben konnte.

Als Horst Hrubesch gegen Ende der 1970er Jahre seinen beruflichen Schwerpunkt in die norddeutsche Küstenregion verlegte, beschäftigte er sich auch mit dem Angeln an der See und erwarb hier beim Angeln von Dorschen eine besondere Expertise. In dieser Zeit widmete er sich auch dem Schreiben und da lag es nahe, dass er seine Erlebnisse und Erfahrungen mit dem Dorschangeln zu Papier brachte.

Herausgekommen ist dabei das fulminante Ratgeberwerk „Dorschangeln vom Boot und an den Küsten“, für dessen Veröffentlichung Horst Hrubesch noch den Angelautoren Dieter Schicker mit ins Boot holte. Schicker, der bis dato mit „Winterangeln“, „Barschangeln“ und „So fängt man Zander“ einige nur mäßig erfolgreiche Angelbücher veröffentlicht hatte, gelang im Sog der Popularität von Hrubesch der Durchbruch als anerkannter Angelexperte.

Ein komplettes Buch

„Dorschangeln vom Boot und an den Küsten“ besticht vor allem durch seinen Komplettismus. Im Klappentext heißt es:

„Ihre reichen Erfahrungen haben sie [die Autoren] durch Beobachtungen anderer Angler erweitert, und auch für die Gewässer des nördlichen Europas, in Gesprächen mit Berufsfischern vertieft. So können sie über Erscheinungsbild, Lebensweise, Fortpflanzung, Verhalten und Verbreitung des Dorsches, über Fangplätze, Beiß- und Fangzeiten so aufschlussreich berichten wie über geeignete Fangtechniken, von der Hakenwahl bis zur geglückten Landung. Alle Methoden, darunter hierzulande noch unbekannte, die für das Strand-Grundangeln, Küstenangeln, Spinnfischen und Brandungsangeln, für das Fischen mit Pilker und Treibangel von Booten und Kuttern sowie auch für das Wettbewerbsangeln empfohlen werden, haben die Autoren in eigenen Versuchen gründlich erprobt. Besonders hervorzuheben sind überraschen Naturköder-Fangtechniken, eine Wurfschule für das Brandungsangeln, eine Einführung in den Gebrauch von Seekarten und technischen Suchgeräten, detaillierte Angaben zur Ausrüstung eines für den Dorschfang in Küstennähe geeigneten Privatboots, nützliche Hinweise für das Luv- und Leeangeln an Bord von Charterkuttern sowie spezielle Ausführungen zum ‚Big Game‘ auf kapitale Dorsche. Eine kleine Küchenkunde enthält praktische Tipps zum Filetieren, Zerteilen, Aufbewahren und Zubereiten von Dorschfleisch.“

Kurz gesagt, mit dem Buch erhalten der Dorschangler und seine Frau, die Dorschanglerin, an Informationen über das Dorschanglertum wirklich alles, was die Menschheit über dieses komplexe Thema weiß. Noch nie war ein Sachbuch so vollständig, wie diese Dorschangeln-Enzyklopädie von Horst Hrubesch und seinem Co-Autor.

Horst Hrubesch (August 2019)

Horst Hrubesch (Photo: StagiaireMGIMO – Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Der Gedanke Hrubeschs „Dorschangeln vom Boot und an den Küsten“ auch in andere Sprachen zu übersetzen, liegt nahe. Schließlich werden weltweit Dorsche geangelt – zumindest in der nördlichen Welt, auf der Südhalbkugel der Erde wurde bis heute noch kein Dorsch gefangen. Und so wurde schon 1986 die dänische Version des Dorschbuchs unter dem Titel „Torskefiskeri fra kyst og båd“ veröffentlicht. Das war ein Coup des Verlags, denn Dänemark hat sehr viele Küstenkilometer und damit auch gewaltige Dorschbestände. Klar, dass die dänischen Dorschangler sich auf dieses Buch stürzten, besaßen sie doch bisher keinen Ratgeber dieser Art.

Man muss sich die dänischen Dorschangler als glückliche Menschen vorstellen. Da sitzen sie an ihren Küsten und auf ihren Booten, haben ihre Angelruten ausgeworfen und blicken erwartungsvoll den anbeißenden Dorschen entgegen. Neben sich im Gras oder auf den Bootsplanken liegt das Buch von Horst Hrubesch, das sie natürlich intensiv studiert haben und in- und auswendig kennen, das sie aber dennoch beim Dorschangeln gerne mit sich führen, denn es gibt ihnen Energie. Dabei steht ein zufriedenes Lächeln in den Gesichtern der dänischen Dorschangler und sie sagen sich: „Wie gut, dass uns Horst Hrubesch dieses Buch geschrieben hat.“

Vor dem Dorschderby

Aber jetzt, großes Drama. Fußball-Länderspiel der Frauenteams von Deutschland und Dänemark am 1. Dezember in Rostock. Es geht um die Qualifikation für die Olympischen Spiele im kommenden Sommer in Paris. Nur eines der beiden Teams, Deutschland oder Dänemark, kann dort hinfahren. Und mittendrin im Geschehen: Horst Hrubesch.

Fans beim Dorschderby am 1. Dezember in Rostock

(Symbolbild – erstellt mit Microsoft Bing Image Creator)

Horst Hrubesch arbeitet mittlerweile hauptberuflich als Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft der Frauen – vom Dorschangeln allein kann man schließlich nicht leben – und will mit seinem Team natürlich gewinnen. Die dänischen Dorschangler sind natürlich auch Fußballfans und werden sich dieses entscheidende Spiel am 1. Dezember natürlich nicht entgehen lassen. Zumal der Spielort Rostock für sie günstig liegt, da sind sie mal eben schnell mit ihren Dorschkuttern über die Ostsee rübergesetzt und können sich dann auf den Tribünen des Stadions lautstark einbringen.

Doch welches Team werden die dänischen Dorschangler in Rostock anfeuern? Das Team aus ihrem Heimatland oder das Team, das von ihrem Dorschhelden Horst Hrubesch trainiert wird? Das ist mal wirklich ein Konflikt, der nur sehr schwer zu lösen ist. Da möchte man an diesem Tag nicht in der Haut der dänischen Dorschangler stecken.

Aus deutscher Fansicht kann man nur hoffen, dass die dänischen Dorschangler sich im Dorschderby von Rostock für das deutsche Frauenteam entscheiden, denn ihre Anfeuerung kann spielentscheidend sein (so viele originäre Fans hat ja die deutsche Frauennationalmannschaft leider nicht). Und damit hätte Horst Hrubesch, der mit seinen beiden Endspieltoren Deutschland schon die Fußballeuropameisterschaft 1980 sicherte, sogar mit einem Angelbuch einen immensen Beitrag für einen weiteren Erfolg des deutschen Fußballs geleistet.

Horst Hrubesch; Dieter Schicker: Dorschangeln vom Boot und an den Küsten (Parey, Hamburg Berlin 1980, 25 DM)
Horst Hrubesch; Dieter Schicker: Torskefiskeri fra kyst og båd (Lademann, Kopenhagen 1986, 96 dkr)
Beide Bücher sind zurzeit nur antiquarisch erhältlich.


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