Großes Kino

Der chinesische Film „Bis dann, mein Sohn“ von Wang Xiaoshuai kommt am 14. November 2019 endlich in die deutschen Filmkunstkinos.

Wang Jingchun und Yong Mei im Film 'Bis dann, mein Sohn'

Wang Jingchun und Yong Mei im Film „Bis dann, mein Sohn“  (© Piffl Medien)

Der Filmemacher Wang Xiaoshuai erzählt in seinem Werk „Di jiu tian chang“ (so der Originaltitel) die Geschichte zweier Familien in China vom Ende der Kulturrevolution in den späten 1970er Jahren bis hin zum modernen Industriekapitalismus der 2000er Jahre. Die beiden Familien sind befreundet, nicht nur die berufliche Tätigkeit, zunächst Bauern und dann Industriearbeiter, verbindet sie, sondern auch die jeweiligen Söhne, die am gleichen Tag geboren wurden und jeweils Einzelkinder sind, denn es ist die Zeit der Ein-Kind-Politik in China.

Zwei traurige Ereignisse, die einen tragischen Zusammenhang bilden, entzweien die Familien. Die eine Familie zieht weg und droht an verdrängter Trauer zu zerbrechen, die andere Familie wird von verdrängter Schuld bedrückt. Diese Verdrängungen werden vom hervorragenden Schauspiel-Ensemble so feinfühlig in Szene gesetzt, dass man ihm ewig zuschauen möchte und nicht nur die drei kurze Stunden, die der Film dauert.

Wang Xiaoshuai erzählt seine Geschichte in epischer Breite vor dem Hintergrund einer rasanten gesellschaftlichen Entwicklung des modernen Chinas, und er erzählt nicht linear, das heißt, es gibt Zeitsprünge vor und zurück, die aber nicht wild sind, sondern wohl komponiert. Eine erhöhte Aufmerksamkeit ist beim Zuschauen aber dennoch geboten – nicht zuletzt wegen der vielen chinesischen Namen, die für europäische Ohren gewöhnungsbedürftig sind. (Was keine Kritik an den Namen ist, sondern an den Ohren.)

Trotz der nicht-linearen Erzählweise von „Bis dann, mein Sohn“ wird das Ende der Chronologie auch am Ende des Films erzählt. Die Protagonist*innen müssen sich ihren Verdrängungen stellen. Und hier entwickelt der Film eine solche emotionale Wucht, die bei der Premiere auf der diesjährigen Berlinale eine Papier­taschen­tuch­knappheit erzeugte.

Die Hauptdarsteller*innen Yong Mei und Wang Jingchun erhielten auf der Berlinale zurecht die beiden Silbernen Bären „Beste Schauspielerin / Bester Schauspieler“. Regisseur Wang Xiaoshuai hätte für diesen Film auch einen Bären verdient – und der stilsichere Kameramann Kim Hyun-seok ebenfalls.

„Bis dann, mein Sohn“ ist ein großes, bewegendes Film-Epos. Ein Meisterwerk des Kinos in unserer Zeit.

Trailer von „Bis dann, mein Sohn“ (Eingebettetes YouTube-Video)


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