Das Snowdance Independent Film Festival Essen vom 28. Januar bis 5. Februar 2023
(© iStock.com/Halfpoint)
Jetzt hat auch Essen sein Filmfestival.„Snowdance Independent Film Festival Essen“ heißt es. Kurz: „Snowdance“. Das Festival gibt es seit 2014 und war bis zum Vorjahr in Landsberg am Lech ansässig. Der Name „Snowdance“ verrät den Filmfreundinnen und -freunden schon, wo sich das Festival cineastisch verortet. Lehnt sich der Name doch stark an das Sundance Film Festival an, also an jenes große und bedeutende amerikanische Indiefilmfest, das jeden Januar im US-Bundesstaat Utah veranstaltet wird.
Von der Bekanntheit und der Ausstrahlung des amerikanischen Sundance ist das deutsche Snowdance noch weit entfernt. Das Snowdance ist offenkundig sehr gering budgetiert. Es hat kaum Medienpräsenz, kein Merchandising, keine Plakate und auch kein wirkliches Corporate Design. Ein Roter Teppich wird nicht ausgerollt und die Filmteams logieren im Low-Budget-Haus Motel One. Mehr Indie geht nicht.
Über die Filme des Festivals lässt sich vorab wenig sagen. Außer: Auch sie sind real independent – das heißt: ohne öffentliche oder öffentlich-rechtliche Filmförderung produziert, also auch Low-Budget. 21 Langfilme und 27 Kurzfilme werden gezeigt. Unter den Langfilmen gibt es eine 5-teilige Fassbinder-Retrospektive. Die Regisseur*innen und Darsteller*innen der übrigen Filme kennt man nicht. Bis vielleicht auf die des Eröffnungsfilms „Taktik“, in diesem Werk aus Österreich spielt Harald Krassnitzer einen skrupellosen, brutalen Geiselgangster. Überhaupt gibt es viel Genre beim Snowdance: Thriller, Horror, Science Fiction, Komödien – was ja durchaus gut sein kann.
Festivalleiter und Kopf des Snowdance ist der Film- und Fernsehregisseur Tom Bohn, der irgendwie ein seltsamer Vogel ist. Bohn ist ein FDP-Parteigänger und Fanboy von Linda Teuteberg, wettert auf Twitter gegen Klimaschutz und Corona-Maßnahmen, hat viele schlechte Lena-Odenthal-Tatorte abgedreht und gehört zum Freundeskreis von Hendrik Streeck. Dass er aber mit großem persönlichen Engagement und offenbar viel Herzblut versucht, ein schräges Filmfestival zu etablieren, das ist ihm hoch anzurechnen.
Dass Tom Bohn davon träumt, das Snowdance in den nächsten fünf Jahren zu einem der Top-3-Festivals in Deutschland zu machen, … Geschenkt! – Träumen ist nicht verboten. Mit der Lichtburg in Essen (dem größten und schönsten Kino in Deutschland), dem mittelgroßen, auch historisch schönem Astra-Kino sowie den beiden kleinen Kellerkinos Sabu und Luna hat Bohn auf jeden Fall hervorragende Spielstätten für sein Filmfestival gefunden. Alle diese Kinos in der Essener Innenstadt sind fußläufig zueinander gelegen, genauso wie das Grillo-Theater, in dem das Snowdance einen öffentlichen Casting-Wettbewerb darbietet.
Man weiß nicht, wie das Snowdance Festival wird. Wird es uns bislang unentdeckte Filmperlen finden lassen? Bietet es uns vielleicht gepflegten Trash, der Spaß macht? Oder doch nur schlechtgemachten, wertlosen Schund? Alles davon scheint möglich. Man kann es nur erfahren, indem man hingeht zum Snowdance und damit den dort zu sehenden Filmen eine Chance gibt. Schauen wir einfach mal, was kommt.
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