Auschwitzer Familienidylle

Der Film „The Zone of Interest“ von Jonathan Glazer

Blaugraue Farbfläche

(Bild: Roger Weil – Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Der Film erzählt das Leben einer Familie aus der Sicht der Ehefrau und Mutter Hedwig (gespielt von Sandra Hüller). Das Familienleben verläuft relativ unspektakulär. Hedwig kümmert sich um die Kinder, den Haushalt und den Garten – erhält dabei aber Unterstützung durch Hauspersonal. Auch Hedwigs Ehemann Rudolf (gespielt von Christian Friedel) nimmt sich trotz seines stressigen Jobs Zeit für die Kinder, er unternimmt Ausflüge mit der Familie und liest den Kindern abends am Bett Märchen vor. Den Großteil ihrer Freizeit verbringt die Familie im von Hedwig liebevoll gestalteten Garten (sogar ein Pool ist dort vorhandenen). Hedwigs Mutter (gespielt von Imogen Kogge) weilt für einen längeren Besuch im Haus der Familie und findet auch Gefallen am Garten und überhaupt am Familienleben von Tochter und Schwiegersohn. Zu den Ehefrauen von Rudolfs Arbeitskollegen pflegt Hedwig ein freundschaftliches Verhältnis, die Frauen genießen die regelmäßigen Kaffeenachmittage im Hause von Hedwig und Rudolf.

Dann wird die familiäre Idylle allerdings durch zwei Ereignisse getrübt. Hedwigs Mutter reist plötzlich ungeplant und ohne persönliche Verabschiedung ab; sie lässt Hedwig eine Nachricht da (die wir als Zuschauer*innen nicht zu Gesicht bekommen) und löst damit einen Wutanfall bei Hedwig aus. Und schließlich soll Rudolf an einen anderen Standort seines Unternehmens versetzt werden, was bei Hedwig eine heftige Bestürzung hervorruft. Muss sie ihre Familienidylle an diesem Ort, an dem sie sich so wohl fühlt, für die Karriere ihres Mannes aufgeben?

So weit, so banal. Über den Film müsste man nicht weiter reden, wäre da nicht dieser Wohlfühlort von Hedwig. Der Ort der Familienidylle ist Auschwitz. Haus und Garten der Familie befinden sich direkt an der Außenmauer des deutschen Vernichtungslagers im besetzten Polen. Rudolf ist Rudolf Höß, der Kommandant von Auschwitz. Das Unternehmen, für welches er arbeitet, ist die SS. Sein Job ist das massenhafte Ermorden von Menschen.

Dass es hier um Auschwitz geht, erfährt das Kinopublikum durch den optischen und akustischen Background im Film – hauptsächlich durch letzteren. Vor einem Soundteppich aus Schüssen, Geschrei und Gebell sowie vor einer Hintergrundzeichnung von stacheldrahtbewehrter Mauer und rauchenden Schornsteinen wird das Alltagsleben der Familie Höß erzählt. Der Auschwitz-Sound und die brennenden Schornsteine, bei denen klar ist, was dort verbrannt wird, erzeugen einen ganz besonderen Grusel.

Auschwitz als Grusel-Kulisse – mehr muss man über dieses abgeschmackte Werk eigentlich nicht wissen. Es ist der Grusel der Täter*innen beim Blick auf ihre Taten. Der Haupttäter im Film, Rudolf Höß, muss sich am Ende sogar erbrechen, so erschrocken ist er über seine gruseligen Taten. Die Perspektive der Opfer kommt im Film nicht vor. Und das was wir durch den Film über die Täter*innen erfahren, dass sie ihre Verbrechen als berufliche Pflichterfüllung begreifen, von ihrem Privatleben abspalten und sich so ein reines Gewissen erhalten, ist nun wirklich keine neue Erkenntnis.

Dass „The Zone of Interest“ von fast allen Kritiker*innen dermaßen abgefeiert wird und sogar für fünf Oscars nominiert ist, das bleibt für mich komplett unverständlich. Selbst die ansonsten großartige Sandra Hüller vermag in diesem Film keine Akzente zu setzen. Sie trampelt als biedere, gefühlskalte Hausfrau durchs Bild und plappert dabei banalste Sätze – dafür ist keine große Schauspielkunst erforderlich.

„The Zone of Interest“ (USA, Großbritannien, Polen 2023) läuft seit 29.02.2024 in den deutschen Kinos.

Trailer von „The Zone of Interest“. (Eingebettetes YouTube-Video)


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