Das Blame Game der Berlinale bezüglich der antisemitischen Statements auf der Abschlussgala wird immer bizarrer.
Wir erinnern uns, mehrere Filmemacher haben von der Bühne des Berlinale Palasts israelbezogenen Antisemitismus geäußert. Am Abend selbst gab es daran keine Kritik, Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegener haben sogar den Statements noch kräftig applaudiert. Als dann nach und nach Kritik aufkam, auch an Roth und Wegener, erklärte Claudia Roth, sie habe nur für den israelischen Regisseur nicht aber für den palästinensischen geklatscht und von Kai Wegener wurde kolportiert, er spreche kein Englisch, habe also die Antisemitismen, denen er applaudiert hat, gar nicht verstehen können. Claudia Roth versprach eine umfassende Aufklärung der Vorfälle.
Die wollte jetzt der Kulturauschuss des Bundestags durchführen. Dieser hatte in der Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek eine Verantwortliche für das Desaster gesehen und sie zur Befragung geladen. Frau Rissenbeek erklärte aber, sie sei gar nicht für die Bärengala verantwortlich gewesen, das sei Sache des ZDF gewesen, das ZDF habe die Bärengala veranstaltet. Das ZDF widersprach dem prompt und erklärte, dem sei nicht so, sie seien nur der übertragende Sender ohne inhaltliche Verantwortung dafür, was sie übertrügen, die Berlinale-Leitung allein sei für die Durchführung der Bühnen-Veranstaltung verantwortlich.
Daraufhin fand man gemeinsam in der Moderatorin Hadnet Tesfai die Schuldige. Frau Tesfai habe klare Vorgaben gehabt, wie im Falle antisemitischer Äußerungen zu verfahren sei. Hadnet Tesfai bestreitet dieses. Sie schreibt auf ihrem Insta-Kanal: „Ich muss einigen Aussagen, die am Mittwoch bei der Sitzung des Kulturausschusses über mich und meine Rolle getroffen wurden, aufs Deutlichste widersprechen. Ich habe mich nicht eigenmächtig über Vorgaben oder bestehende Kommunikationslinien hinweggesetzt, versäumt mich danach zu richten oder ‚Moderationskarten für den Ernstfall‘ nicht genutzt. Diese Karten oder eine Strategie, wie auf Inhalte von Dankesreden der Preisträger*innen zu reagieren ist, hat es nicht gegeben.“ Und weiter erklärt sie, sie habe während ihrer Moderation einen Knopf im Ohr gehabt, über den man ihr jederzeit hätte Regieanweisungen geben können, das sei aber nicht erfolgt. Zur Frage, warum sie nicht selbständig eingegriffen habe, führt Hadnet Tesfai an, dazu sei sie nicht befugt gewesen.
Was für ein Trauerspiel. Jede und jeder versucht sich aus der Verantwortung zu stehlen. Claudia Roth, Kai Wegener, Mariette Rissenbeek, die ZDF-Verantwortlichen, Hadnet Tesfai – wie armselig.
Siehe auch:
Filme, Filme Filme
Berlinale im Sturmwind
Der Berlinale-Bär brummt wieder
Die neue Berlinale
Die zehn Gebote der Berlinale
Wann schläft Knut Elstermann?