Gefährlich ähnlich

Der Kriminalroman „Totengleich“ von Tana French

Ähnlichkeit

(Bildrechte: © bagal / pixelio.de)

„Totengleich“ (im Original ‚The Likeness‘) ist der zweite von bisher vier Kriminalromanen der Dubliner Autorin Tana French. Protagonistin und Erzählerin des Romans ist die junge Polizistin Cassie Maddox, die bereits im ersten Tana-French-Roman „Grabesgrün“ die nach dem dort männlichen Ich-Erzähler zweitwichtigste Figur ist. Damit ist auch bereits das Muster der Tana-French-Krimi-Reihe um die Dubliner Kriminalpolizei vorgezeichnet. Es gibt in jedem Roman einen anderen Ich-Erzähler, jeweils ein Dubliner Polizeiermittler, der sich in der Aufklärung seines Falls an einem Kollegen reibt. Und dieser Kollege wird dann zur ich-erzählenden Hauptfigur des nächsten Romans.

Hier also Cassie Maddox, eine ehemalige Undercover-Polizistin, die vom etwas rauhbeinigen Detective Frank Mackey als verdeckte Ermittlerin reaktiviert wird und als Bewohnerin in eine Land-WG eingeschleust wird. Anlass dafür ist, dass eine junge Frau, die in dieser Wohngemeinschaft lebte, ermordet wurde. Diese Frau sah Cassie Maddox so ähnlich wie eine eineiige Zwillingsschwester. Frank Mackey als leitender Ermittler macht sich dieses zunutze, verheimlicht den Tod der WG-Bewohnerin und lässt Cassie Maddox deren Rolle einnehmen, um das Verbrechen aufzuklären.

Das Setting erscheint auf den ersten Blick etwas unwahrscheinlich. Wie kann es denn sein, dass die WG-Mitbewohner sich derart täuschen lassen, so ähnlich können doch keine zwei Personen sein, so fragt man sich. Lässt man sich als Leser aber auf diesen Zufall ein, dann bekommt man von Tana French eine ungewöhnlich fesselnde Geschichte erzählt. Eine Geschichte, in der die junge Cassie Maddox in einen Konflikt zwischen ihrer Polizistenrolle und der Rolle ihrer falschen Identität gerät.

Cassie Maddox entwickelt eine zunehmende Sympathie für ihre vier Mitbewohner, die in keiner normalen WG zusammen wohnen, sondern mehr ein gemeinsames Lebensprojekt verfolgen, in einem etwas mysteriösen Haus. Angefeindet von der Dorfbevölkerung und verdächtigt von der Polizei bauen die vier eine Wagenburg um sich herum. Und Cassie Maddox schlägt sich nicht nur ihrer Rolle gemäß äußerlich, sondern auch immer mehr innerlich auf die Seite ihrer Mitbewohner und enthält ihrem vorgesetzten Frank Mackey wichtige Informationen vor. Und dann kommt jemand Cassie Maddox auf die Schliche.

784 Seiten dick ist „Totengleich“. Eine erzählerische Opulenz, die in der Krimiszene ihresgleichen sucht. Doch keine Seite ist zu viel. Tana French versteht es, die Gedanken, die Gefühle und das Interagieren seiner Hauptfigur intensiv auszuleuchten ohne dabei ihren spannenden Plot aus den Augen zu verlieren. „Totengleich“ ist ein Buch, in das man als Leser ganz tief eintauchen kann und mit dem man wegen seines Umfangs eine lang andauernde Freude hat – und das ist auch was wert.

Tana French: Totengleich (Scherz, Frankfurt/Main 2009, 16,95 € + Fischer Taschenbuch, Frankfurt/Main 2010, 8,95 €)


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